Ein Schaf kommt selten allein…
Abstecher zu “Live and let live”: Lebenshof rettet Tiere vorm Schlachter
Werbung – Wenn jemand Schäfchen zählen kann, dann sind es Corinna und Matthias Budig. Carlo, Susi, Paula, Ella, Mini, Peter, Cookie… 23 Schafe zählt die Herde. Cori und Matze kennen jedes einzelne davon. Jeden Charakterzug, jede Eigenart. “Keins ist wie das andere”, sagt das Pärchen, das mit klassischen Schäfern nicht viel gemein hat. Vor wenigen Jahren kannten sie sich mit den Paarhufern so gut aus wie du und ich. Inzwischen haben die beiden in Schwaigern bei Heilbronn einen kleinen Lebenshof ins Leben gerufen: “Live and let live” ist zum Zuhause zahlreicher Tiere geworden – sowohl für die Schafe als auch für gerettete Kleintiere wie Kaninchen, Hühner und Hähne sowie Katzen.
Erste Begegnung liegt ein Jahr zurück
Vor einem Jahr hatte ich das Glück, mit den Budigs und ihrem Lebenshof Bekanntschaft zu schließen. Beim veganen Straßenfest “Vegan im Quadrat” stellten die beiden ihr Projekt vor und versorgten die Besucher mit leckeren veganen Waffeln. Von ihrer Geschichte war ich sofort angetan und nahm mir fest vor: Ich würde die beiden und ihre tierischen Schützlinge besuchen kommen. Nun ist es endlich soweit: Mit meiner Nichte Dana und meinem Neffen Robin, meiner Freundin Natascha und deren Freundin machen wir uns auf zu “Live and let live”, dem (noch) mobilen Lebenshof. Schon auf der Hinfahrt muss ich innerlich schmunzeln: Ich erinnere mich an die Anfänge des Tierschutzprojekts, von denen mir die beiden berichtet haben.
Wie die Jungfrau zum Kind sind Cori und Matze nämlich zu den Schafen gekommen. “2014 ist uns beim Joggen ein herrenloses Schaf begegnet”, teilten sie mir damals mit. Es sei allein auf einer Grasfläche gestanden, markenlos und irgendwie auch hilflos. Woher das Tier kam und wem es gehörte, wissen die beiden bis heute nicht. Sie fingen es ein und brachten es zu einer Landwirtin im Ort, die eine Schafherde hatte. Von nun an war das Paar Pate von “Paula”, wie sie das Schaf nannten. Und damit war der Grundsteine für “Live and let live” gelegt, das die beiden zwei Jahre später gründeten – als sie die Schafherde von der Landwirtin übernahmen. Aus idealistischen Gründen. Aus Tierschutzgründen.
Spendenaktion zugunsten eines richtigen Hofes
Als wir schließlich in Schwaigern eintreffen, machen wir zunächst mit Elliot Bekanntschaft. Er ist zwar nicht Hahn im Korb, weil da noch Oskar ist, aber mit den verrückten Hühnern, deren Vergangenheit teils der Legebatterie angehörte, versteht sich der Seidenhahn prächtig. Mit einem lauten Kikerikiiii macht er sich bemerkbar und lenkt unsere Aufmerksamkeit weg vom frisch kastrierten Kaninchen Jimmy, ebenfalls gerettet. “Wo sind denn die Schafe?”, höre ich meine Nichte Dana fragen. Völlig berechtigt. Denn hier, mitten im Ort, ist von den Tieren nichts zu sehen, geschweige denn wäre Platz, eine ganze Schafherde zu verstecken. Genau das ist der Punkt, an dem Cori und Matze zu knabbern haben: Ihre Schäfchen stehen nicht bei ihnen auf dem Grundstück, sondern auf wechselnden Weideflächen rund um den Ort. Drei- bis fünfmal am Tag fahren die beiden zu ihnen, sehen nach dem Rechten, versorgen sie. “Das ist natürlich nicht optimal und auf Dauer keine Lösung”, berichtet Cori. Schon seit einiger Zeit sucht das Pärchen im Umkreis von 50 Kilometern nach einer passenden Immobilie, um den Tieren und sich am gleichen Ort ein Zuhause bieten und den Lebenshof weiter ausbauen und wachsen lassen zu können.
“Wir werden über kurz oder lang einen Hof brauchen”, sind sich die Budigs einig und haben schon ein passendes Objekt im Auge: eine alte Mühle im Odenwald. Die bietet genau das, was ein Lebenshof braucht: eine ausreichend große Weidefläche für die Tiere, die die aktuell sehr aufwendigen Weidewechsel vereinfachen würde, einen Stall, ein Gartenhäuschen, ein kleines Waldstück, ein Grillplatz und ein Wohnhaus mit drei Wohneinheiten. Kurzum: Wohn-, Lebens- und Begegnungsraum für Mensch und Tier. Einziges Handicap: die Finanzierung. Mit Hilfe einer Spendenaktion wollen die beiden nun alles tun, um ihren Traum von einem richtigen Lebenshof zu realisieren.
Neugierig wie Kinder, verschmust wie Katzen
Wo sind nun aber die Tiere? Gemeinsam fahren wir von der Ortsmitte weiter: zur aktuellen Weide der Tiere. Schon als uns die Schafe aus der Ferne am Zaun erkennen, kommen einige von ihnen angetrabt. Begrüßung ist angesagt. Wir steigen über den Zaun und von da an gibt es kein Entkommen mehr. Ob du es glaubst, oder nicht: Ja, Schafe können einen genauso schwanzwedelnd begrüßen wie Hunde, sie sind neugierig wie kleine Kinder und verschmust wie Katzen. Fast hätte ich es vergessen: Sie sind natürlich verfressen wie alle Tiere. Ein Glück, dass wir Äpfel und Karotten im Gepäck haben.
Michel und Susi hängen sofort ihre Köpfe in die Schüsseln mit dem klein geschnittenen Obst und Gemüse. Michel ist ein richtig großer Brocken. Und das, obwohl er in diesem Jahr seine Schur schon hinter sich hat. 4,5 Kilogramm Schafswolle hat er auf die Waage gebracht. Und er selbst? “80 Kilo hat er bestimmt”, schätzt Cori. Dagegen sieht Carlo fast schon mickrig aus. Aber halt! Ist der nicht eigentlich eine Ziege? Matthias lacht. “Nein, das sind Kamerun-Schafe”, klärt uns der 39-Jährige auf und deutet auf Susi, die Mutter des dreieinhalbjährigen Carlo. Kameruns, Heidschnucken, Krainer Steinschafe, Coburger Fuchsschafe – Schaf ist eben nicht gleich Schaf, das wird beim Besuch des Lebenshofs deutlich.
Rasenmäher auf vier Beinen
Dana und Robin sind anfangs noch etwas zurückhaltend. Die Größe der Tiere wirkt auf die Kinder respekteinflößend. Doch das Eis ist schnell gebrochen. “Das fühlt sich viel rauer an als bei der Katze”, vergleicht Robin beim Kraulen der anhänglichen Kamerun-Schafe. Beim Streicheln von Michel wundern sich die Kinder dagegen über die fettigen Finger im Anschluss. “Das ist das Wollfett”, erfahren wir von Matthias. Gerade die Woche zuvor haben die Budigs zusammen mit freiwilligen Helfern den letzten Weidewechsel über die Bühne gebracht. Das sei jedes Mal ein Aufwand: neue Weide mit einem Zaun abstecken, die Tiere in mehreren Etappen in den Anhänger verladen, wobei auf Familienverbindungen geachtet werden muss, damit die Schafe sich nicht gegenseitig rufen, und dann die Tiere auf der neuen grünen Weide wieder ausladen und kontrollieren, dass es kein Entkommen gibt. “Diese Weide ist recht klein, da müssen wir in zwei Wochen wieder wechseln”, erfahren wir. Schließlich sind Ella, Peter, Muffin und Co. richtig gute Rasenmäher. Sie futtern schon so einiges an Gras weg, bis der Tag lang ist.
Begegnungen für Herz und Seele
Mindestens 2,5 Hektar Weidenfläche wären für “Live and let live” optimal, um sich die Weidenwechsel zu ersparen. Und um den Alltag von Cori und Matze zu entschleunigen. Der Lebenshof ist das Hobby der beiden: Beide haben einen Job, den sie zwischen Schafehüten und Aufpäppeln nachgehen. Für Cori, die in einem Büro arbeitet, geht es schon vor der Arbeit das erste Mal an dem Tag auf die Weide: Frisches Wasser für die Tiere, Zufütterung der Tiere, die aufgrund von Krankheit Spezialfutter brauchen, Checken, ob der Zaun intakt ist. Nach Feierabend geht es dann gleich weiter. “Wir haben aber bisher keine Sekunde lang bereut, dass wir uns für Live and let live entschieden haben”, verdeutlicht die 34-Jährige. Ganz im Gegenteil: Dadurch dass ihnen die Tiere eine Herzensangelegenheit sind, fühlt sich das Betreiben des Lebenshofs für das Paar nicht wie Arbeit an.
Der Lebenshof finanziert sich in erster Linie aus Spenden und Schafpatenschaften. Und natürlich investieren die Budigs nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Die größten Kostenpunkte seien Heu und Tierarztkosten. Wer Haustiere hat, kann sich sicher denken: Bei über 30 Tieren hat immer mal eins ein Wehwehchen oder ist krank, von dem ein oder anderen chronisch kranken Tier in der Herde ganz zu schweigen. Doch nicht umsonst ist das Paar angetreten, “um die Welt ein Stück friedlicher zu machen”. Corinna und Matthias schaffen Begegnungen zwischen Mensch und Tier, für Herz und Seele. Sie sind sich der therapeutischen Wirkung von Tieren für uns Menschen bewusst.
Vollkommen im Einklang mit der Natur
Und die ist nicht zu leugnen. Der Nachmittag auf dem Lebenshof ist wie Balsam für die Seele. Beobachtet man die Tiere beim Grasen oder beim Chillen im Unterstand, hat das eine unglaublich entschleunigende Wirkung. Hier auf der Weide herrscht kein Stress und keine Hektik. Hier herrscht Einklang mit der Natur, die ihre eigenen Regeln hat. Meine Nichte und mein Neffe tollen nicht wie verrückt herum und schreien nicht wie wild, sondern bewegen sich ruhig, achtsam und langsam, um keins der Tiere zu erschrecken. Meine Freundin Natascha kommt aus dem Kuscheln mit den Tieren gar nicht mehr heraus. Susi und Carlo weichen nicht von ihrer Seite. Eine Sekunde lang befürchte ich, dass wir auf der Heimfahrt noch ein Schaf an Bord haben werden. Doch alles ist gut. Als Cori und Matze später die Schäfchen zählen, sind noch alle 23 da: Carlo, Susi, Paula, Ella, Mini, Peter, Cookie… all die Schafe, denen die beiden ein zweites Leben geschenkt haben: indem sie die Herde übernommen und sie vor dem Schlachthaus gerettet haben.
Magst auch du den Lebenshof “Live and let live” kennenlernen und Corinna und Matthias dabei unterstützen, ihren Traum vom richtigen Hof zu realisieren? Die beiden und ihre Schäfchen freuen sich über Besuch und über jede Spende. Hier erfährst du mehr über das Spendenprojekt von “Live and let live”. |
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