Selbstversorger (2): Vom Gemüsedschungel in die Salatschüssel

Die Hände voll Erde, das Körbchen mit Grün gefüllt und ein Lächeln auf den Lippen: So trage ich meine erste Ernte ins Haus. Die Spannung steigt: Wie werden der selbst angebaute Salat, die knackigen Radieschen wohl schmecken? Tief im Innern bin ich aber jetzt schon zufrieden. Wer sein Leben lang außer Grünlilien und Kakteen keine Pflanzen erfolgreich am Leben halten konnte, der fühlt sich fast ein bisschen wie ein Gärtner-Gott, wenn das Gemüse im Garten auch nur ein Stadium erreicht hat, in dem es wie Gemüse im Garten aussieht 🙂 Und das tut es. Der erste Weg in Richtung Selbstversorger ist geschafft und vor Freude darüber schlage ich innerlich immer, wenn ich mit Messer und Sieb Richtung Hochbeet laufe, Purzelbäume.

Mehr Salat als ich essen kann

Im ersten Teil meiner Selbstversorger-Serie habe ich dir von meinen Beweggründen berichtet, mein eigenes Gemüse groß zu ziehen. Und von der Skepsis, was das Gelingen angehen würde. Doch die war völlig unberechtigt. Schon kurze Zeit nach der Aussaat schossen die ersten Salatpflänzchen durch die Erde. Der Rucola wucherte schnell wie Unkraut, der grüne Blattsalat war zeitgleich mit den ersten Radieschen erntereif. Nur der Feldsalat ließ ein bisschen auf sich warten – zum Glück. Denn ob du es glaubst oder nicht: Zeitweise hatte ich im Beet so viel erntereifen Salat, dass ich gar nicht wusste, wann ich den überhaupt essen soll. Mehr als täglich geht ja nicht 😉

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Nur wenige Wochen ist die Aussaat her und die Salatpflanzen wuchern.

Was mich besonders beeindruckte, war die Kürze der Zeit, die es vom Saatgut bis zur fertigen Pflanze brauchte. Und das, ohne großartig viel zu tun. Inzwischen wird das Gemüse zwar täglich gegossen. Aber im verregneten kalten Mai war das gar nicht notwendig. Der Selbstversorger konnte ohne Zutun seelenruhig schlafen, während die Ernte fleißig vor sich hin arbeitete, wuchs und gedieh. Hatte ich in der Regenphase Angst, die Schnecken könnten beim Ernten schneller sein als ich selbst, so hat sich – trotz reichlichem Schneckenvorkommen – auch diese Angst schnell in Luft aufgelöst. Vielleicht haben die Tiere auch einfach andere Vorlieben. Mir soll es recht sein.

Und wie schmeckt nun das Gemüse aus dem eigenen Garten? Lecker, sehr ursprünglich, sehr zart und biologisch. Nie zuvor hätte ich gedacht, dass man den Unterschied tatsächlich schmecken würde, wenn etwas direkt vom “Acker” in den Mund wandert. Keine langen Transportwege, kein Pestizideinsatz, keine Schäden für das Grundwasser, keine ausgebeuteten Erntehelfer. Das schmeckt 😀

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Frisch geerntete Radieschen schmecken einfach am besten.

Allerdings will ich dir nicht verheimlichen, dass mit dem Selbstanbau auch einige Nachteile verbunden sind: Das Gemüse, das du direkt aus der Erde holst, ist ziemlich schmutzig und muss sehr gründlich gewaschen werden, bevor du es verarbeiten kannst. Bei dem Aufwand beim Feldsalat, der wenige Wochen nach dem anderen Gemüse ebenfalls erntereif war, kam mir tatsächlich der Gedanke, wie es möglich ist, diesen im Supermarkt so billig zu verkaufen. Vermutlich sind die Landwirte die Leidtragenden.

Gartenkräuter machen sich

Zwischenzeitlich sah das Gemüsehochbeet ziemlich wild aus. Mit dem Ernten kam ich kaum nach, weshalb Salat und Radieschen einfach weiter wucherten und einen kleinen Dschungel hinterließen. Vor Kurzem habe ich jetzt nicht nur alles abgeerntet, sondern das Beet mehr oder weniger in seinen Ursprungszustand zurückversetzt und neue Samen ausgesät. In ein paar Tagen geht die Ernte also sicher wieder von vorne los. Was ich allerdings durchgängig ernten kann, sind die Gartenkräuter, die ich im zweiten Hochbeet gepflanzt habe. Anfangs waren die Pflänzchen ja sehr mickrig und es tat sich kaum etwas. Doch irgendwann über Nacht haben sie einen Schuss gemacht und wuchern seither ebenfalls. Vor allem Minze, Petersilie, Oregano und Majoran breiten sich enorm aus. Bei der Petersilie wundert mich das am meisten: Da habe ich nämlich nur einen ausgetrockneten, abgeernteten Topf, der vorher in der Küche stand, in die Erde gepflanzt. Und der hat sich prächtig erholt.

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Das Kräuterbeet vor wenigen Wochen: Inzwischen sind vor allem Minze, Oregano und Majoran noch kräftig gewachsen.

Was mich allerdings zwischenzeitlich gefuchst hat, ist die Tatsache, dass ich die Kräuter nicht mit kleinen Täfelchen versehen habe. Trotz Ähnlichkeit wusste ich zwar Oregano und Majoran auseinander zu halten. Doch welches Kraut Thymian ist und was es mit dem einen anderen Stock auf sich hatte, bereitete mir Kopfzerbrechen. Inzwischen konnte ich das Rätsel lösen: Bohnenkraut sitzt wohl in der Mitte des Beetes. Einziges Handicap: Auf Thymian und Bohnenkraut hausen Blattläuse. Hier muss ich mir zeitnah etwas einfallen lassen, um das Ungeziefer schonend loszuwerden. Wenn du Ideen hast, lass mir gern einen Kommentar da.

Es ist etwas ziemlich Schönes, wenn man beim Kochen einfach noch schnell in den Garten gehen und ein paar frische Kräuter zupfen kann. Ein bisschen etwas in die Soße, eine handvoll in den Salat, ein paar Blätter auf das Grillgut. Es passt einfach überall dazu. Und frische Minze im Garten hat natürlich auch enorme Vorteile. Zusammen mit dem hausgemachten Holunderblütensirup ist spontan immer ein erfrischender Hugo drin 🙂

Hilfe! Wie erntet man Quinoa?

Die Ernte geht jedoch nicht nur in den beiden Hochbeeten weiter. Mitte Mai sind in große Kübel nun auch zwei Tomatenpflänzchen, eine Minigurken-Pflanze sowie Quinoasamen gewandert. Das Wort Pflänzchen kann ich jetzt – nur vier Wochen später – durch Pflanzen ersetzen: Die Tomaten sind inzwischen über einen Meter hoch, die ersten Früchte lassen sich schon erahnen. Und die Gurke ist so prächtig gedeiht, dass die ersten drei Früchte schon geerntet und vernascht werden konnten. Die Sache mit dem Quinoa dagegen war nicht geplant. Im Biomarkt habe ich ein Tütchen mit Samen geschenkt bekommen. Tja, du kennst ja inzwischen meine Neugier. Die Samen sind schneller in einen Topf gewandert als du dir vorstellen kannst. Ob ich im Spätjahr Frau-Holle-gleich Quinoa ernten kann oder nicht, bleibt spannend. Momentan kann ich mir nicht vorstellen, wie die Pflanzen am Ende überhaupt aussehen werden.

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Nur wenige Zentimeter groß waren die Tomaten- und das Gurkenpflänzchen. Jetzt tragen die ausgewachsenen Pflanzen schon die ersten Früchte.

Mein kleines Zwischenfazit, was das Selbstversorgertum angeht: Lebensmittel lernt man dadurch erst viel mehr zu schätzen. Auch wenn mir immer klar war, dass das Gemüse nicht im Supermarkt wächst, ist es doch ständig für einen verfügbar. Da ärgert man sich, wenn die Sorte Lieblingsäpfel gerade mal nicht im Regal liegt, wenn die Spargelzeit endet oder aufgrund der Witterungsverhältnisse die Preise in die Höhe schießen. Wenn du aber selbst Gemüse anbaust, weißt du, was dahinter steckt. Du bekommst eine Ahnung davon, welche Arbeit und Kosten Landwirte investieren. Dir wird bewusster, dass ein Ernteausfall eine Existenz kosten kann. Und vor allem wird dir klar, dass der Anbau letztendlich von Glück abhängt. Natürlich gehört bei großräumigem Anbau auch jede Menge Fachwissen dazu. Doch das Wetter, die Schädlinge und Krankheiten lassen sich nicht kalkulieren. Und klar: Das größte Risiko trägt der, der biologisch anbaut, weshalb es nur zu verständlich ist, dass ökologische Produkte teurer sein müssen als konventionell erzeugte.

Diese Einsichten kommen einem, wenn man mit den Händen in der Erde gräbt, sich Gedanken über Blattläuse macht, eine Weile Feldsalat putzt und mit einem Lächeln auf den Lippen sagen kann: Eigentlich geht es mir doch verdammt gut. Der Weg zum absoluten Selbstversorger ist zwar weit, in meiner aktuellen Wohnsituation auch nicht allzu intensiv umsetzbar. Aber die ersten Schritte sind gemacht. Und die sind bekanntlich der Weg zum Ziel. Wie es auf der Reise dorthin weitergeht, werde ich dir in einem weiteren Teil der Selbstversorger-Serie gerne verraten.

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